Donnerstag, 31. Mai 2012

When Saturday Comes, 304


Rezension


When Saturday Comes
The Half Decent Football Magazine
Issue 304, June 2012
46 S. + 15 S.






Einen guten Einblick in wahre Fußballeidenschaft bietet Roger Titford. Er schreibt über seine 50 Jahre mit dem FA-Cup-Finale. Am Fernseher, im Stadion, mit Freunden, allein: Seit genau einem halben Jahrhundert sah er sich in irgendeiner Form jedes Jahr das Spiel an. Er berichtet über persönliche Höhe- und Tiefpunkte dabei und den Wandel im Erleben des Finales über die Jahrzehnte: Vom bier- und wettseeligen jungen Mann in seinen Zwanzigern bis in späteren Jahren zur Runde graumelierter Herren, die sich aus Anlaß des Spiels zu besserem Essen und weniger Bier trifft und anschließend in den Park kicken geht. Vom Buben mit zugeschicktem heiligem Matchprogramm in der Hand 1965 bis zum Selbständigen, der berufliche Turbulenzen in Kauf nimmt, um 2010 ein Finale seiner “very least favourite clubs” Chelsea und Portmouths in irgendeinem schäbigen Pub zu sehen.
“Indeed, rather than a source of annual joy, watching the Cup final has become my curious personal obligation to the footballing gods. I belong to the tail-end of the generation that was ensnared of the Cup final and who feel its degredation most keenly.” Titford blickt zurück in eine Zeit, als das jährliche Cupfinale in England unumstritten das fast religiös zelebrierte Spiel der Spiele war: “It was England's football's high holy-day with the royal family, Abide With Me and all that. The old allocation, with tickets going to county association blazers, referees and boys' clubs as a reward for their service, created a communion of the whole national game. That became out of step with the times and more tckets were allocated to fans of the competing clubs. Wembley now looks divided in two halves, with the blues against the reds. It has become a more private affair and has lost that universal appeal.”
Eine sehr spannende Betrachtung.

Dzu gibt es im Heft ein sehr schönes Fotoessay, diesmal Bilder von Colin McPherson vom Spiel von Fleetwood Town gegen Wrexham im April, sowie einen interessanten Rückblick auf die Saison 1978/79 von AC Perugia, in welcher der kleine Verein ungeschlagen blieb und sich am Ende im Kampf um die italienische Meisterschaft nur Milan geschlagen geben mußte.

Zur anstehenden Europameisterschaft gibt es ein eigenes Heft, in dem die Teilnehmerländer in bewährter Weise per informativem Fragebogen vorgestellt werden. Von What are the expectations for the team? über Do any players have unusual hobbies or business interests? oder Will there be any rehearsed goal celebrations? bis zu Will there be many fans travelling to the finals and will they have any chants oder songs?

Montag, 28. Mai 2012

Piast Gliwice - Zawisza Bydgoszcz 3:0 (2:0)

Polen, I liga, 34. kolejka, 27.5.2012
Stadion Piasta, 9.362

Piast Gliwice brauchte in der letzten Runde zumindest einen Punkt für den ersten Tabellenplatz. Die Gäste von Zawisza Bydgoszcz mußten gewinnen, um den zweiten Aufstiegsplatz zu sichern. Bei einer Niederlage wäre für Piast möglicherweise sogar ein Entscheidungsspiel zweier dann ex aequo Zweitplatzierter um den Aufstieg im Raum gestanden. Piast hatte im Spiel aber von Anfang an das Sagen, gewann ohne Probleme das Spiel und damit auch die zweite Liga. Tüpferl am i war das Freistoßtor zum 3:0.
Der Gästeblock war angesichts der Ausgangslage (ebenso wie das ganze Stadion) voll und sehr engagiert bei der Sache. Auch nachdem klar war, daß es sich für sie nicht ausgehen wird. Von heimischer Seite gab es eine (gesponserte) stadionfüllende Zettelchoreographie zu Beginn und vom Piast-Fanblock mehrere optische Einlagen und lautstarken Support.
Das Highlight zum Abschluß der beiden Tage in Oberschlesien gemeinsam mit Daniel, in Gliwice in freundlicher Gastfreundschaft von Bartek.
GKS Piast Gliwice (offiziell Gliwicki Klub Sportowy Piast) wurde 1945 gegründet. Ab 1957 spielte der Verein stets in der zweiten Liga, bis 2008 erstmals der Aufstieg in die Ekstraklasa gelangt. 2010 ging es wieder hinunter, bis nun wieder der historische zweite Aufstieg gelang. Größter Erfolg neben den Erstligasaisonen waren zwei Einzüge ins Cupfinale 1978 und 1983.
Das neue Stadion von Piast wurde 2011 mit einer Kapazität von 10.037 Plätzen eröffnet. Das zuvor an dieser Stelle befindliche alte Stadion hatte die Erstligakriterien nicht erfüllt, weswegen Piast nach dem Aufstieg 2008 seine Heimspiele auswärts bestreiten mußte. Ab 2010 wurde dann in schneller Bauzeit anstelle des alten Stadions ein Neubau errichtet. Der Einfachheit halber wurden die Pläne des Neubaus im deutschen Paderborn erworben und dieses Stadion nachgebaut.
De Geschichte des alten Stadions reichte vor den Zweiten Weltkrieg zurück, als an diesem Ort im damals deutschen Schlesien Vorwärts-Rasensport Gleiwitz am Jahnplatz spielte.
Die schöne Innenstadt wurde bei einem Stadtrundgang besichtigt. Dabei wurde auch ein Blick in das verfallene alte Stadion XX-lecia PRL geworfen. Am Vormittag war andernorts ein Spiel von Szombierki Bytom und am Vortag ROW Rybnik besucht worden.












































Lost Ground Stadion XX-lecia PRL, Gliwice

27.5.2012

Das Stadion XX-lecia PRL, benannt nach dem 20. Jahrestag der Gründung der kommunistischen Polnischen Volksrepublik, wurde 1965 eröffnet. Es war ab 1962 in dreijähriger Bauzeit anstelle eines 1936 als Städtisches Stadion von Gleiwitz eröffneten Vorgängerbaus errichtet worden.
Einst hatte das Stadion eine Kapazität von 36.000 Plätzen. Piast Gliwice spielte hier große Spiele, für die das alte eigene Stadion zu klein war. So sah das XX-lecia u.a. ein ausverkauftes Cup-Semifinale gegen Lech Poznań im Jahr 1982. Daneben fanden hier noch allerlei andere Veranstaltungen statt.
In den 1990ern verfiel das Stadion und steht bis heute leer. Die Ruine ist allerdings nicht mehr lange zu besichtigen, ein Bauprojekt für eine große Veranstaltungshalle an diesem Ort ist bereits finalisiert.















das Stadion in früherer Pracht:
historisches Bild: gliwiczanie.pl

Szombierki Bytom II - Naprzód Wieszowa 5:2 (3:0)

Polen, Klasa B, grupa Bytom, 23. kolejka, 27.5.2012
Stadion Szombierek, ca. 40

Die zweite Mannschaft eines Fünftligisten in der achten Spielklasse mag nicht das größtmögliche fußballerische oder atmosphärische Vergnügen bieten. Aufgrund des Vormittagstermins ermöglichte das Spiel aber mit Daniel den Besuch eines großen Stadions der Marke Old School. Die offensichtlich ersatzgeschwächten Gäste von LKS Naprzód Wieszowa, nur mit elf Spielern und einem Coach/Masseur/Doktor in Personalunion angereist, waren klar unterlegen.
Szombierki Bytom wurde 1919 in Szombierki, heute ein Stadtteil von Bytom, als Klub Sportowy Poniatowski gegründet. Der größte Erfolg des Vereins ist der sensationelle Gewinn der polnischen Meisterschaft von 1980. Später pendelte man ab 1984 zwischen erster und zweiter Liga, bis man in den 1990er Jahren tief hinunter in den Amateurfußball rutschte. Große Aufregung gab es als der Stadtteilverein 1997 mit dem Platzhirsch der Stadt, Polonia Bytom, fusioniert wurde. Der Bahö war heftig genug, dass die Fusion 1998 wieder gelöst wurde. Heute spielt der Verein in der fünften Liga um den Aufstieg mit.
Das Stadion wurde 1968 eröffnet und hat heute eine Kapazität von offiziell 20.000 Plätzen, bis zur Renovierung 2009 waren es sogar 30.000. Dieses Fassungsvermögen des weitläufigen Runds, in dessen Innenraum gut zwei Fußballfelder Platz hätten, wird auch bei Spielen der Kampfmannschaft allerdings schon lange nicht mehr ausgeschöpft. Die alten Stufen auf den heute grün bewachsenen Rängen sind aber noch manchmal erkennbar. 2009 wurden die beiden alten Dachteile auf der linken und der rechten Seite der Haupttribüne abgetragen und die bestehenden Ränge der Gegentribüne abgerissen und naturiert (an dieser Stelle wurde nun neuerdings ein Auswärtssektor errichtet).
Bemerkenswert ist die Anzeigetafel. Denn bei diesem Modell, schon in Katowice einmal bewundert, stehen die Gäste an erster Stelle und die Heimmannschaft an zweiter.
Zuvor war in Bytom das Stadion von Ruch Radzionków besichtigt worden, anschließend ging es weiter nach Gliwice, zu einem Lost Ground und dem Spiel von Piast.





























Stadion Ruchu Radzionków

Bytom, 27.5.2012

Der Klub Sportowy Ruch Radzionków wurde 1919 gegründet. Noch von 1998 bis 2001 spielte der Verein in der Ekstraklasa, tauchte dann aber bis in die fünfte Liga ab. 2009 schaffte man den Aufstieg in die dritte Liga und 2010 gleich darauf in die zweite Liga (I liga). Hier ist man derzeit Mittelständler.
Das 1973 eröffnete Stadion hat heute eine Kapazität von 2.000 Sitzplätzen, moderne Plastiksitze. Die alten Stufen im weiten Rund der Böschung rings um das Spielfeld sind großteils abgesperrt, lassen aber das einstige Fassungsvermögen erahnen. Die Verankerungen für Sitzbänke sind noch zu sehen.
Besondere Brisanz hat die Lage des Stadions, das nicht in Radzionków, sondern in der Nachbarstadt Bytom liegt. Von den siebziger bis in die neunziger Jahre war Radzionków ein Stadtteil von Bytom, heute liegt das Stadion aber sozusagen in der Fremde. Die Fans des großen Stadtvereins Polonia Bytom pflegen eine innige Feindschaft mit den ungeliebten Nachbar. Eine Gedenktafel am Stadion erinnert an einen 2008 von Polonia-Fans umgebrachten prominenten Ruch-Fan.
Anschließend ging es in Bytom weiter zu Szombierki.