Donnerstag, 17. August 2017

Ballesterer 124




Rezension


Ballesterer
Nr. 124, September 2017
84 S.






Um die spezielle Kultur des Käfigfußballs in den Fußballkäfigen der Wiener Parkanlagen geht es in der Titelgeschichte. Sie wurden ab den 1950er Jahren errichtet, um trotz der Verdichtung des Stadtgebiets und des zunehmenden Straßenverkehrs offene Sportplätze zu bieten, wie Mareike Boysen berichtet. 208 gäbe es heute, doch nicht wenige davon seien geschlossen. Es ist eine migrantisch geprägte Subkultur, in der aufgrund des harten Bodens körperloser aber technischer Fußball gefragt ist. Einige bekannte Profifußballer wie Ümit Korkmaz, Yasin Pehlivan, Muhammet Akagündüz, Marko Arnautović etc. entstammen dem Käfigfußball, das Interesse der großen Wiener Vereine sei trotz mancher Aktionen aber eher gering.
Veli Kavlak erzählt im Interview von seinen prägenden Jahren im Käfig im Park: „Nach der Schule sind wir in den Park gegangen. So wie sich andere in ihrem Stammcafé treffen, haben wir jeden Tag Fußball gespielt. Uns hat nichts anderes Spaß gemacht.“ Er gab ja schon mit 16 Jahren sein Debut in der Rapid-Kampfmannschaft, ging aber trotzdem weiter in den Park: „In den ersten Jahren als Profi habe ich auch immer, wenn ich konnte, nachmittags im Käfig gespielt.“ Der Verein wusste das nicht und auch ich wäre damals wohl eher entsetzt ob der Verletzungsgefahr gewesen, wenn das bekannt gewesen wäre. „Ich war damals ja noch ein Kind und habe nicht darüber nachgedacht, dass ich mich schonen muss, um am nächsten Tag wieder fit zu sein. Der Park hat einfach dazugehört.“ sagt Kavlak.
Außerhalb des Schwerpunkts in der Platzierung im Heft, aber inhaltlich dazugehörig ist die Taktikkolumne von Emanuel Van den Nest. Er wirdmet sich diesmal den Herausforderungen des Käfigfußballs.

Rapideum-Kurator Thorsten Leitgeb erklärt in einem Kurzinterview, warum Rapid zwei Jahre vor den 120-Jahr-Feiern 1899−2019 zuletzt schon vorab einmal an 120 Jahre Tradition erinnerte. Es geht dabei um den 1897 gegründete Vorgängerverein 1. Wiener Arbeiter Fußball-Club.

Durchaus Potential für Aufsehen hätte im Heft ein Interview mit Deniz Naki, der über seine Meinungsäußerung im kurdisch-türkischen Konflikt und seine deswegen erfolgte Verurteilung zu einer eineinhalbjährigen Gefängnisstrafe auf Bewährung spricht. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch der Artikel über die türkische Liga als politische Bühne des Präsidenten bei massivem Zuschauerinnen- und Zuschauerschwund. Auch die Betrachtung des FC Basel von Daniel Schreier, der sich aufgrund anhaltenden Erfolgs in eine Sackgasse wachsenden Desinteresses des Publikums gespielt habe, ist spannend. Dazu gibt es einiges weiteres, von Nordirland bis zum Ultras-Nürnberg-und-Ultras-Rapid-Film Großer Bruder.

Von mir selbst gibt es in der Reihe Nebenschauplätze etwas über Ludmannsdorf/Bilčovs in Kärnten sowie eine Buchrezension von Wo geht's hier zum Stadion?

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen